Das Werster Steinkammergrab
Von Gerd Prinzhorn – Februar 2024
Man schrieb das Jahr 1753, als der Mindener Pastor Anton Gottfried Schlichthaber in der „Mindischen Kirchengeschichte“ das Steinkammergrab in Werste wie folgt erwähnte, Zitat: „Ohngefehr 40 biß 50 Schritte vom Postwege zwischen Werste und der Gohfelder Brücke findet man ein Heyden-Grab oder Kirchhof, davon noch vier große Steine vorhanden, darauf ein gantz großer Kieselstein zum Deckel lieget. Wie diesen Menschen Hände hinauf bringen können, ist unbegreiflich. Nach der gemeinen Aussage, soll ehemals ein fremder Prediger daselbst nach Urnen haben ausgraben lassen, auch soll hier eine Capelle gestanden haben“. Nun gibt es mehrere Beiträge, die sich mit dem Werster Steinkammergrab befassen. Mit diesem Aufsatz soll versucht werden, aus der vorliegenden Literatur das mir Wichtigste, ja Spannendste in Kürze zusammenzufassen.
Das älteste kulturgeschichtliche Denkmal der Stadt liegt nahezu im Zentrum unseres Dorfes, an uralter Stätte, an dem es vor etwa 4000 Jahren aufgestellt wurde. Aber die Zeit meinte es nicht gut mit diesem Denkmal. Es muss so um 1885 herum gewesen sein, als die Grabstätte, mit der man wohl nichts anzufangen wusste, einfach so zerstört wurde. Die damals 14 großen Granitblöcke wurden zum Teil in der Erde versenkt, gesprengt oder verschleppt und zum Hausbau verwendet. Viele Jahre danach erfuhr der heimatkundlich interessierte Redakteur der Bad Oeynhausener Zeitung Anzeiger & Tageblatt Walther Hieke wohl zufällig von diesen Vorgängen und gab den Anstoß zur Wiederherstellung. Mit Hilfe des Minden-Ravensberger Hauptvereins für Denkmalpflege gelang dem damaligen Vertrauensmann für Bodenaltertümer Professor Friedrich Langewiesche aus Bünde im Jahre 1926 der Wiederaufbau.
Und so muss es wie nachfolgend beschrieben gelungen sein. Als im Jahre 1926 das Gartengrundstück bebaut werden sollte, stieß man auf die zuvor vergrabenen Findlinge, die man nun noch tiefer in der Erde versenken wollte, damit sie beim Hausbau nicht mehr stören. Sie wären damit wohl für immer verlorengegangen, wenn nicht der oben schon erwähnte Walter Hieke dies durch seine Aktivitäten verhindern konnte. Er war also der Retter des Steinkammergrabes. Man fand bei der Untersuchung des Bodens insgesamt 14 große Steine mit bis zu 1,80 m Höhe und einige kleinere Steine. Einen unbeschädigten Deckstein allerdings hat man nicht gefunden. Die Steine wurden mit Flaschenzügen gehoben und zu der heute zu sehenden Steinkammer zusammengestellt.
In uralter Zeit waren die Steine mit einem Erdhügel überdeckt. In der Steinkammer wurden die Toten wie in einem Erdbegräbnis bestattet. Um Platz für weitere Bestattungen zu schaffen, schob man die Gebeine einfach zusammen.
Unser Steinkammergrab bildet den äußersten Vorposten der von Norden kommenden Steinkammergräber und wird ganz ans Ende der jüngeren Steinzeit etwa 2000 Jahre v.Chr. gesetzt. Allen damals Beteiligten ist es zu verdanken, dass dieses Wahrzeichen uralter Siedlung und Kultur altnordischen Einflusses erhalten geblieben ist. Hinweise auf unser im Volksmund genanntes Hünengrab könnt Ihr in den alten Flur- und Straßennamen Steinkamp, Steinfeld, Auf’n Blöcken, Steinfeldstraße, Am Steinfeld, Auf den Blöcken, Am Urnenfeld und Hünenring erkennen. Das Steinkammergrab findet Ihr an der Werster Straße 128.
Im Umfeld des Grabes wurden seinerzeit auch Urnen und Grabbeigaben gefunden. Auch Keramik aus der sogenannten Trichterbecherkultur wurde gefunden. Diese Exponate könnt Ihr in den Vitrinen unserer Heimatstube besichtigen.
Zum Abschluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass es bereits in den Jahren um 1960 eine Hinweistafel zur Geschichte des Steinkammergrabes gegeben hat, die leider als verschollen gelten muss. So wurde im Werster Vereinsring im Jahre 2018 der Entschluss gefasst, in Eigenleistung eine neue Tafel aufzustellen. Diese konnten wir am Tag des offenen Denkmals am 9. September 2018 feierlich enthüllen. Nun besucht das Bodendenkmal und lest, was auf der Tafel steht.
Quellen: Gerhard Bartling, Stadtheimatpfleger, in Beiträge zur Heimatkunde der Städte Löhne und Bad Oeynhausen, Hefte 5 (1978) und 6/7 (1980), Dr. Jan-Heinrich Bunnefeld, wissenschaftl. Mitarbeiter am Landesdenkmalamt Sachsen-Anhalt, Beiträge zu Heimatkunde der Städte Löhne und Bad Oeynhausen, Heft 24 (2023).