Werster Schulgeschichten
Von Gerd Prinzhorn – März 2024
Von Gerd Prinzhorn – März 2024
Es war der 1. Oktober 1885! An diesem Tage begann diese Geschichte mit der Einweihung der ersten Werster Schule, einer eigenen Werster Schule. Aufzeichnungen darüber gibt es nicht mehr. „Sie muss wohl plötzlich dagewesen sein“, so das Zitat von Wilhelm Steinkamp. Bis dahin mussten die Werster Kinder lange Wege nach Eidinghausen zurücklegen. Auf der Lehmkuhle stand sie, die erste Schule, genau im Winkel der alten Landwege nach Wulferdingsen (heute Bergkirchener Straße) und ins Kreuz (heute Ringstraße). Im Volksmund wurde sie deshalb Lehmkuhler Schule, später Werste Nord, genannt. Sie hatte zwei Klassenräume, in denen anfangs 140 Kinder in drei Klassen unterrichtet werden mussten. Werste war eine aufstrebende Gemeinde, und so besuchten 10 Jahre später bereits 248 Kinder die Schule. Dieser Zustand der Überfüllung konnte natürlich nicht lange hingenommen werden. Übrigens wurde durch das Abhalten von Bibelstunden durch den Gemeindepfarrer und durch Frauenhilfestunden bis in das Jahr 1950 die Schule zum ersten geistlichen und kirchlichen Mittelpunkt von Werste.
Eine weitere Schule musste gebaut werden. Der geeignete Platz fand sich im Wiehe, im Winkel der Langen Straße (heute Werster Straße) und der Stüher Straße. Sie wurde Werste II genannt. Die Werster gaben ihr den Namen Wieher Schule. Sie bestand aus einem Lehrerwohnhaus und einem Klassenraum. Im Jahre 1899 konnte dort der Unterricht aufgenommen werden, 1906 und 1912 kam je ein Klassenraum hinzu. Als dann auch noch die bisher in Eidinghausen unterrichteten 28 Werster Kinder aus dem Stühe in die Werster Schulen gehen mussten, wurden die Verhältnisse wiederum untragbar. Diesem Zustand ging ein „kleiner Schulkrieg“ zwischen Eidinghausen und Werste voraus, in dem es um die Zahlung von Schulgeld ging. Der Forderung der Eidinghausener, ab 1926 für die 28 Werster Schüler je 26 Reichstaler Schulgeld zu zahlen, kamen die Werster natürlich nicht nach.
Und so beschloss die Gemeindevertretung von Werste im November 1926 den Bau einer achtklassigen Schule in der Dorfmitte an der dann so genannten Schulstraße (heute Diesterwegstraße). Am 13. Februar 1929 beschloss der Gemeinderat in einer „Kampfabstimmung“, die für den Schulhof notwendigen Grundstücke von Kracht, Benner, Reinkensmeier, Kelle und Diekmann zu erwerben und ein Schulhaus mit vier Klassenzimmern, einer Wohnung für den Hausmeister und Aborte und Brunnen zu bauen. Man nannte sie fortan Neue Schule. Nun konnten in allen drei Schulen 12 Klassen in 9 Klassenräumen unterrichtet werden. Eine Besonderheit war die Aufstellung von Wannen und Duschen im Keller der neuen Schule. Da Bäder in den Häusern damals eine Seltenheit war, konnten sich die Werster Bürger dieser Einrichtung bedienen; morgens die Kinder, abends die Eltern. Am 20. August 1929 war Baubeginn und am 12. Oktober 1930 konnte die Einweihung gefeiert werden. Nach dem 2. Weltkrieg war die Schülerzahl einschließlich der Flüchtlingskinder auf weit über 500 angestiegen. 12 Klassen wurden gebildet. Die Folge war eine erneute Raumnot. Also musste die neue Schule erweitert werden.
Im November 1952 kündigte Bürgermeister Bastemeyer einen Erweiterungsbau an. Richtfest war am 26. Oktober 1954, Einweihung am 29. Oktober 1955. Es entstand ein Anbau mit 2 Klassenzimmern und ein Neubau mit 4 Klassenzimmern, verbunden durch eine neue Pausenhalle. Insgesamt gab es nun in der neuen Schule 10 Klassenräume; somit konnten die Lehmkuhler und die Wieher Schule aufgegeben werden. Am 2. Juli 1962 wurde die neue Turnhalle eingeweiht. Im Jahre 1968 waren die Tage der Schulform „Volksschule“ Werste bereits gezählt, denn 1969 wurde sie zur Grundschule. Am 23. Juli 1974 wurde das Lehrschwimmbecken eingeweiht und am 22. September 1976 ein Schulpavillon mit weiteren 4 Klassenräumen eröffnet. Außerdem entstand im Jahre 2006 im Nachbargebäude, dem ehemaligen „Rathaus Werste“, die von der Arbeiterwohlfahrt betreute Offene Ganztagsschule. Dort werden im Rahmen des inzwischen gegründeten Grundschulverbundes Werste-Wulferdingsen nachmittags etwa 130 Grundschulkinder betreut.
Und die weitere Entwicklung unserer Schule ist bereits absehbar. Sie soll zum Inklusionsschwerpunkt werden. Stadt und Landschaftsverband entwickeln zur Zeit ein Konzept für das Miteinander von Kindern mit und ohne Behinderung zusammen mit der Förderschule „Am Weserbogen“. Es wird dann zwei Schulen nebeneinander geben, eine Schule für Regelschüler und eine für Kinder mit Förderbedarf. Umfangreiche Abbruch- und Neubauarbeiten werden nötig sein. Die „Neue Schule“ von 1930 und 1955 bleibt erhalten, neue Gebäude kommen hinzu. Die Werster Schullandschaft wird sich also grundlegend verändern. Wir Werster werden gespannt sein, wie es weitergehen wird.
Quellen: Wilhelm Steinkamp „100 Jahre Schule Werste“(1985); Wilhelm Steinkamp „750 Jahre Werste“ (1982); Heinrich Niederbremer „25 Jahre Paul-Gerhardt-Haus und CVJM Werste“ (1984); Neue Westfälische, Ausgabe vom 27. Januar 2024